Samstag, 25. Juli 2015

Pilgern ohne Feuerwerk

Am 24.07.2013 war ich irgendwo zwischen Ligonde und Palas de Rei.
Auf diesem letzten Stück des Jakobsweges traf man immer mal wieder auf Straßenschmuck zur bevorstehenden  Feier des heiligen Jakobus, dessen Fest am 25.07. sich heute erneut jährt.

In Santiago war eine große Feier mit Feuerwerk geplant und viele Pilger, die etwa gleichzeitig mit mir in Saint-Jean-Pied-de-Port gestartet waren, hatten sich vorgenommen, zu diesem Termin in Santiago zu sein.
Meine eigene Planung sah fünf Tage mehr Zeit vor; ich hatte mit Absicht so geplant, dass auf keinen Fall Eile aufkommen konnte.
Nicht etwa, dass ich langsam lief; bereits die erste Etappe hatte mir den Spitznamen "kleine Rakete" eingetragen.
Doch der Gedanke, bummeln zu können, gehört für mich einfach zum Pilgern dazu.
Stehen bleiben für ausgedehnte Stundenbuch-Sessions, an keiner Kirche vorbeieilen müssen, einfach mal nach 7 Kilometern beschließen, dass ich für heute keine Lust mehr habe: All das genoss ich in vollen Zügen.
Ich hatte mir einen zweiten Tag in Burgos gegönnt, wo es den krassesten Eisladen gibt, den ich je gesehen habe und eine Kathedrale, die so prachtvoll-schön ist, dass man sie nur als "emotional exausting" bezeichnen kann. Kurz darauf hatte ich eine Tagesetappe nach nur 8 Kilometern abgebrochen, um in der wundervollen Klosterruine von San Anton zu übernachten. Auch León und seine Kathedrale sind zwei Tage wert - die Königin des Lichts unter den Kirchen am Jakobsweg würde ich jeden Tag zwei Mal ansehen, wenn ich in León lebte.
Last but not least MUSSTE ich natürlich einige Tage im Pilgerhospiz des Monasterio de Monte Irago in Rabanal del Camino verbringen.

Doch am Abend des 24.07. gesellte sich zu all diesen Vorteilen ein eher trauriger Grund dafür, am 25.07.2013 besser nicht in Santiago zu sein:
Auf allen Kanälen zogen - auch in den Herbergen entlang des Jakobsweges - Bilder vom Zugunglück über den Bildschirm. Die Festlichkeiten zum Jakobustag wurden durch eine dreitägige Staatstrauer ersetzt.
Tatsächlich war es das schwerste Zugunglück in Spanien seit dem Ende des II. Weltkrieges.

Am frühen Morgen des 25.07. erinnerte mich ein einsames Banner, von Haus zu Laternenmast über den Weg gespannt, an den Feiertag auf einer-  tatsächlich! - gespenstisch stillen Etappe. Lag es daran, dass ich, wie immer, so früh aufgebrochen war, dass ich auf dem sonst so hektischen letzten Teil des Jakobsweges kaum eine Menschenseele antraf?
Ich wusste noch nicht, dass ich aufgrund des typischen Andrangs keine Herberge finden und daher die letzten drei Etappen in zwei Tagen zurücklegen würde...

Es war schon seltsam, wie sich an diesem Tag das Gedenken an die Opfer, die Sorge um die Freunde und die Zufriedenheit darüber, dass ich mich nicht hatte hinreißen lassen, auch eine Ankunft zum 25.07. anzustreben, in meinem Kopf zu einer bittersüßen Mischung verbanden.
Ich war doch einige Male versucht gewesen; zumal ich es in der mir zur Verfügung stehenden Zeit dann auch noch bis Finisterra geschafft hätte.

Bei meiner Ankunft in Santiago de Compostella hatte sich die düstere Stimmung etwas gelegt. Doch viele meiner Freunde, die ich hier wiederzutreffen gehofft hatte, waren nach dem Zugunglück weitergepilgert, da sie es in Santiago nicht hatten aushalten können.

Zum Heutigen Tag des heiligen Jakobus wünsche ich allen Pilgern sichere Ankunft. Möge ihnen der äußere Weg ein innerer werden.

Montag, 20. Juli 2015

Ich hab... Glück

Ich hab ein Bett, ich hab einen geliebten Schatz
Und kriege vorgelesen.

Wie sollte ich da nicht glücklich sein?

Ach ja, ich hab auch ein Gipsbein.
Doch nach solch marginalen Plagen
Will ich weiter gar nicht fragen.

Samstag, 11. Juli 2015

Von der Tugend zur Hartnäckigkeit

In einer Stadt lebte ein Richter, der Gott nicht fürchtete und auf keinen Menschen Rücksicht nahm. 3In der gleichen Stadt lebte auch eine Witwe, die immer wieder zu ihm kam und sagte: Verschaff mir Recht gegen meinen Feind! 4Lange wollte er nichts davon wissen. Dann aber sagte er sich: Ich fürchte zwar Gott nicht und nehme auch auf keinen Menschen Rücksicht; 5trotzdem will ich dieser Witwe zu ihrem Recht verhelfen, denn sie lässt mich nicht in Ruhe. Sonst kommt sie am Ende noch und schlägt mich ins Gesicht.

Dieses Gleichnis wird im Lukasevangelium (18.1-8) eingeleitet mit den Worten, Jesus sagte ihnen ein Gleichnis, um zu zeigen, dass sie allzeit beten und darin nicht nachlassen sollten.

Wenn ich das anshe, finde ich, diese Witwe ist als eine bis zur Unvernunft mutige Person vorzustellen, ein Aspekt, auf den Jesus in dem Gleichnis nicht eingeht.
Es geht ihm um etwas anderes: Also Leute, checkt es doch endlich, dass Gott seine Auserwählten die Tag und Nacht zu ihm schreien, nicht verlässt. Er ist da und hilft. Unverzüglich. Also etwas mehr Mut wenn ich bitten darf!
Am Ende des Gleichnisses heißt es nämlich: "Wird jedoch der Menschensohn, wenn er kommt, auf der Erde (noch) Glauben finden?

Dennoch finde ich es einer ausführlicheren Betrachtung wert, wieso jetzt sowas wie Hartnäckigkeit eine christliche Tugend sein soll.
Die Hartnäckigen. Das sind doch immer die, die nerven, oder?
Und Jesus fand das gut oder was?!?

In der Tat finden sich in den Evangelien noch mehr Stellen, in denen diese Eigenschaft belohnt wird, z.B.
Da kam eine kanaanäische Frau aus jener Gegend zu ihm und rief: Hab Erbarmen mit mir, Herr, du Sohn Davids! Meine Tochter wird von einem Dämon gequält. 23Jesus aber gab ihr keine Antwort. Da traten seine Jünger zu ihm und baten: Befrei sie (von ihrer Sorge), denn sie schreit hinter uns her. 24Er antwortete: Ich bin nur zu den verlorenen Schafen des Hauses Israel gesandt. 25Doch die Frau kam, fiel vor ihm nieder und sagte: Herr, hilf mir! 26Er erwiderte: Es ist nicht recht, das Brot den Kindern wegzunehmen und den Hunden vorzuwerfen. 27Da entgegnete sie: Ja, du hast recht, Herr! Aber selbst die Hunde bekommen von den Brotresten, die vom Tisch ihrer Herren fallen. 28Darauf antwortete ihr Jesus: Frau, dein Glaube ist groß. Was du willst, soll geschehen. Und von dieser Stunde an war ihre Tochter geheilt.

 Was also verbirgt sich hinter dieser Eigenschaft?
Zunächst mal denke ich vor allem an diese gewisse Art von Skrupellosigkeit, also:
Keine Angst zu haben, den anderen zu nerven oder etwas unpassendes zu sagen.
Mein Bedürfnis ist echt, ob es passt oder nicht.
Aber auch Gottvertrauen steckt darin:
Die Fähigkeit Jesu, zu helfen, ist auch echt, ob es passt oder nicht.

Und da haben wir es schon. Dieses besondere Gottvertrauen, dass sich auch durch Ausbleiben einer positiven Antwort nicht abschütteln lässt. Das ist es, worum es Jesus geht.
Niemand hat behauptet, dass es immer leicht sei, Gott zu vertrauen.
Aber wir sollen es trotzdem, und gerade wenn es sehr schwer fällt ist es wichtig.
Ohne die Fähigkeit zu dieser Form von Vertauen; den Mut haben, auch dann Gott zu lieben und sich geliebt zu wähnen wenn es nicht nur unvernünftig, sondern wirklich vollkommen abstrus erscheint. Die brauchen wir, Die ist das, was wirklich stark macht.
Mit dem Glauben überwinden wir Mauern, heißt es ja auch.
Man bedenke, wenn keine Mauern da sind, kann man auch keinen Spruch darüber machen, dass dieselben mit Hilfe des Glaubens zu überwinden sind.
Man bedenke auch, wenn die Mauern so niedrig und bequem sind, dass wir das aus eigener Kraft schaffen, braucht man auch keinen Spruch darüber machen, dass dieselben mit Hilfe des Glaubens zu überwinden sind.

Insofern ist Hartnäckigkeit an sich vielleicht keine christliche Tugend. Aber Glaube, Vertrauen und Liebe (denn diese Dinge gehören zusammen) sind die Tugenden, aus denen auch Hartnäckigkeit erwächst.
Und für die die noch im Kursus laufen sei (zur Erleichterung oder Ermutigung) gesagt:
In jedem Fall ist frech sein an sich keine Sünde sondern kann sogar tugendfördernd sein.

Das ist der Unterschied zwischen Frechheit und Verschlagenheit: Erstere erwächst aus dem Vertrauen, dass das Gegenüber die eigenen Eskapaden wohlwollend aufnehmen wird. Und das ist schon nah dran an Glaube und Liebe.

Schatzfinder

Gelaufen
Durch alle Länder und Meere, nicht,
Dass mir einer das Wasser geteilt hätte.
All seine Wellen und Wogen gingen über mich hin.
Wollte er mich abschneiden, so fragte ich ihn,
Ich war doch nicht
Zuende gewoben.
Und ich zog mir die Pilgerschuhe nicht mehr aus.

Gefunden
Den Schatz habe ich gefunden:
Ich will,
Sagte ich,
Nämlich
All das was doch
Schon lang nicht mehr möglich erscheint.
(War es das eigentlich?)
Ich, trotzig:
Denn bei Gott ist Nichts unmöglich
Haben sie gesagt.
Auch:
Er selber
(Nämlich, als er, das Wort, Fleisch war in der Welt)
hat außerdem
für Beharrlichkeit gesprochen.

Ich bestaune
Meinen Schatz
Von allen Seiten:
Nicht nur
Was ich wünschte, sondern
Auch
Was ich nicht zu wünschen wagte.
Ist da.

Gott ist groß.

Mittwoch, 1. Juli 2015

Renne ruhig

Ich möchte nicht mehr kämpfen.
Ich möchte mich nicht verteidigen.
Nicht für mein überschießendes Vertrauen.
Nicht für meinen rasenden Optimismus-
Nicht für meine
- immer noch!-
Arglos auf ihrem Recht beharrende Freude.
Ich mächte meine Hoffnung nicht befragen nach den Lügen der Zeit.
Ich möchte die Zeit nicht erst fragen, was ihr Hoffnung bedeutet.
Ich frage Gott.
Ich eile.
Ich warte.
Ich fliege zu dir.
Ich fliege, soweit ich kann.
Dann
Kann ich immer noch abwarten, bis,
Und bis wohin,
es weiter geht.
Du aber sollst mich küssen derweil.